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Field Recording: Auf Hör-Pirsch

Besser leben - das Magazin

FRÜHLINGSSERIE – TEIL 3

Auf Hör-Pirsch

Autor*in

Werner Schandor - Gastautor

Werner Schandor

Autor

18.04.2019

Bei Tonaufzeichnungen denken wir vor allem an Musik, die im Studio oder Konzertsaal aufgenommen wurde, vielleicht noch an Gesprächsmitschnitte mit einem Diktaphon. Dabei gibt es rund um die Welt Menschen, die in der Natur oder in Städten mit Mikrophon und Aufnahmegerät auf die Jagd nach einzigartigen Klängen und Geräuschen gehen, und Apps, die diese Geräusche aufs Smartphone zaubern. „Field Recording“ nennt sich die Leidenschaft für die Aufnahme authentischer Hörbilder. Sebastian-Thies Hinrichsen, der Gründer des deutschen Online-Magazins fieldrecording.de, erklärt im Interview, was an den Naturhörbildern so faszinierend ist.

Was fasziniert an Natur- und Umweltgeräuschen so sehr, dass man sie aufnehmen möchte?
SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – 
Die Gründe sind für jeden unterschiedlich und so vielfältig wie die Klänge in der Natur selbst. Manche sammeln ganz einfach gerne ungewöhnliche Klänge oder seltene Vogelstimmen oder kartographieren die Klänge von interessanten Orten. Viele Field Recordists kommen aus der Musikwelt oder dem Sound Design und wollen durch organische Klänge ihre Kreationen bereichern.

Was fasziniert Sie persönlich am Field Recording?
SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Neben der Schönheit und Vielfalt der Klänge in der Natur faszinieren mich die kreative Umsetzung und die technische Herangehensweise bei der Aufnahme. Und ich finde Entspannung und Ruhe im Feld. Ich genieße diese besonderen Momente und teile diese ein Stück durch meine Aufnahmen mit anderen. Zwangsläufig beschäftigt man sich auch mit der Natur und der Tierwelt, lernt diese besser kennen und wertzuschätzen. Dabei eröffnen sich oft noch weitere Themengebiete, wie beispielsweise Naturschutz, Ornithologie und Akustikökologie. Letztere möchte der Lärmverschmutzung der Welt Einhalt gebieten.

Wer nutzt solche Aufnahmen? Wer hört sie an?
​​​​​​​SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Neben der kommerziellen Nutzung der Aufnahmen in Klangbibliotheken für diverse Medien wie Apps, Fernsehen, Film und Radio werden Naturklangaufnahmen im medizinischen Bereich genutzt. Sie kommen beispielsweise bei Entspannungstherapien zum Einsatz. Es gibt zahlreiche Apps auf dem Markt, die mit Naturaufnahmen helfen wollen, ein gesünderes Leben zu führen.

Lernt man durchs Aufnehmen, im Alltag genauer hinzuhören?
​​​​​​​SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Nach einer Weile nimmt man seine Umwelt bewusster wahr, nicht nur klanglich. Dieses Phänomen ist weit verbreitet. Begibt man sich bewusst in eine natürliche Hörsituation, so passen sich alle Sinne der Umgebung an. Das Gehör wird „resettet“, Instinkte werden geweckt.

„Field Recording ist eine Welt für sich. Die Community ist zwar nicht ganz so groß wie zum Beispiel die der Musiker, ist aber weltweit vertreten, sehr engagiert und wächst.“

 

Sebastian-Thies Hinrichsen, Gründer und Herausgeber des Onlinemagazins www.fieldrecording.de

Auf „Wikipedia“ wird Field Recording definiert als „Aufzeichnen von nicht eigens erzeugten Klängen, natürlichen Schallereignissen oder vorgefundener Klanglandschaften außerhalb eines Tonstudios“.

In den 1950ern und 60ern standen Tierstimmen und ethnographische Aufnahmen von fremden Völkern im Fokus von Klangsammlern. Ab den 1970er-Jahren rückte das akustische Ambiente von Naturräumen und urbanen Umgebungen in den Mittelpunkt des Interesses.

Was sind besonders lohnende Orte für Field Recording?
SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Es gibt leider nur sehr wenige Orte, an denen man Ruhe vor Alltagslärm und damit unverfälschte Naturklänge für Aufnahmen findet. Meist sind das Nationalparks oder größere bewaldete Naturschutzgebiete. Persönlich beeindruckt haben mich neben dem einen oder anderen ursprünglichen Naturwald in Norddeutschland der Müritz-Nationalpark (Mecklenburg-Vorpommern), in dem ich schon mehrfach Aufnahmen gemacht habe.

Was ist auf Ihrer persönlichen Lieblingsaufnahme zu hören?
SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Eine komplette Morgenstimmung mit einem Vogelkonzert in einem naturbelassenen Wald. Am schönsten ist es an einem warmen Frühjahrsmorgen. Es ist sehr intensiv, wenn man so etwas das erste Mal bewusst erlebt: Beginnend mit der Dunkelheit, in der zunächst noch gespenstische Stille herrscht, lediglich unterbrochen von einem Windhauch, sanftem Rauschen in den Bäumen. Irgendwo knistert es im Gehölz. Vielleicht ist es ein Reh – oder ein Wildschwein? Hin und wieder ruft ein Waldkauz aus der Ferne. Erste Vögel wie das Rotkehlchen wachen auf und beginnen mit ihrem Gesang. Amsel, Singdrossel, Kuckuck und weitere folgen im Morgengrauen, Spechte klopfen mal von links und mal von rechts. Die Sonne geht auf, und das Vogelkonzert findet seinen Höhepunkt.

Welche Ausrüstung würden Sie Einsteigern ins Thema Field Recording empfehlen?
​​​​​​​​​​​​​​SEBASTIAN-THIES HINRICHSEN – Der Markt hat sich in den letzten Jahren vom Sortiment her stark aufgestellt und bietet eigentlich für jeden Einsatzweck und Geldbeutel etwas. Am besten eignen sich für den Einstieg tragbare Handheld-Rekorder mit eingebautem Stereomikrofon. Diese sind schon für rund 100 Euro zu bekommen. Hochwertigere Geräte fangen ab ca. 300 Euro an. Nach oben sind quasi keine Grenzen gesetzt. Die modernen Rekorder nehmen meist auf SD-Speicherkarten auf und bieten alles, was nötig ist, in einem Gerät. Dazu noch ein Kopfhörer oder ein Paar Ohrhörer, ein Fellwindschutz gegen Windgeräusche, und los geht´s!

Nationalpark mit Wald und See

Der Naturtonmeister Sebastian-Thies Hinrichsen hat sich auf binaurale Naturklangaufnahmen mit einem professionellen Kunstkopfmikrofon spezialisiert: „Es liefert für mich das natürlichste Klangbild. Mit einem guten Kopfhörer abgehört, klingt es so, als wäre man am Ort der Aufnahme und kann jedes einzelne Geräusch aus allen Richtungen, jeden einzelnen Vogel detailliert wahrnehmen und orten.“

Sounds von Hinrichsen finden sich unter anderem in der Taptanium-App Rainy wieder, die im iTunes-Store erhältlich ist. Taptanium ist Anbieter von Natursound-Apps, die beim Anhören Beruhigung und Entspannung versprechen.

Übrigens: Wer Field Recording auf akademischem Niveau erlernen möchte, kann dies am Institute of Sonology des Königlichen Konservatoriums Den Haag in den Niederlanden tun. Der nächste einjährige Kurs startet im September 2019.

Magazinserie: Klänge der Natur

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